Doris Plöschberger, Lektorin und Programmleiterin
James Baldwin sagte, dass jeder in Amerika geborene Schwarze in der Beale Street geboren sei und das Erbe dieser Straße in sich trage. In seinem Roman kämpft die junge Tish, 19 und schwanger, für ihren inhaftierten Verlobten Fonny. Fonny, selber erst 22, stößt auf Ablehnung in der weißen Nachbarschaft von Greenwich Village, nachdem er Harlem verlassen hat, um sich als Künstler zu versuchen. Das jungen Paar trotzt Polizeischikanen und ständiger Reibereien auf der Straße und besteht auf seinem Recht, zusammenzuleben und eine Familie zu gründen – bis Fonny der Vergewaltigung bezichtigt und verhaftet wird. Die Familie von Tish setzt sich für den jungen Mann ein und lässt nichts unversucht, um die rassistischen Motive der Justiz offenzulegen. Die Portraits der von Baldwin gezeichneten Harlemer Familien wirken noch lange nach, nachdem man das Buch wie im Rausch verschlungen hat. Man sitzt mit den Streitenden in den Wohnzimmern, man bangt mit ihnen auf Polizeirevieren. Diese Figuren sind keine Repräsentantinnen einer vergangenen Zeit, sie sind Menschen, die uns durch ihr Leid und ihren Mut lehren, wie vernichtend die Mechanismen von Rassismus und Ausgrenzung wirken.
Doris Plöschberger ist Lektorin und Programmleiterin für deutschsprachige Literatur im Suhrkamp Verlag.
Doris Empfehlung für die bunteste Literaturliste Deutschlands:
Beale Street Blues
James Baldwin
Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow
224 Seiten
ISBN 978-3-423-28987-0
dtv Literatur